3D-Roboter-Navigation könnte medizinische Eingriffe an mehreren Stellen gleichzeitig ermöglichen
- 07 November 2024
- Stuttgart
- Physische Intelligenz
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart haben eine neuartige Methode für den Einsatz mehrerer magnetischer Miniaturroboter entwickelt, die sich mühelos durch eine 3D-Matrix steuern lassen, die einem Netzwerk von Blutgefäßen ähnelt. Diese neue Methode könnte es eines Tages ermöglichen, mehrere Stellen in schwer zugänglichen Bereichen des menschlichen Körpers gleichzeitig zu behandeln, was mit herkömmlichen Instrumenten derzeit nicht möglich ist. Dieser innovative Ansatz könnte die Behandlungszeit erheblich verkürzen und die Wirksamkeit minimalinvasiver Therapien erhöhen.
- Wissenschaftler des MPI-IS haben eine neuartige Methode für den Einsatz mehrerer magnetischer Miniaturroboter entwickelt, die leicht durch eine 3D-Matrix navigieren können, die einem Netzwerk von Blutgefäßen ähnelt
- Magnetisch gesteuerte Softroboter sind in der Lage, schwer zugängliche Bereiche des Körpers zu erreichen und zu behandeln.
- Das System steuert mehrere fünf Millimeter kleine Roboter, die eines Tages Medikamente verabreichen oder den Flüssigkeitsstrom an mehreren Stellen innerhalb eines 3D-Lumennetzwerks umleiten können sollen.
- Diese neue Methode könnte eines Tages die gleichzeitige Behandlung mehrerer Stellen in schwer zugänglichen Bereichen des menschlichen Körpers ermöglichen
- Der innovative Ansatz könnte die Behandlungsdauer erheblich verkürzen und die Wirksamkeit minimalinvasiver Therapien erhöhen.
Stuttgart – Mehrere Krankheitsherde sind in der klinischen Praxis üblich. Im Gehirn beispielsweise können verstopfte Blutgefäße Schlaganfälle verursachen, bei denen der Sauerstoffmangel die Gehirnzellen rasch schädigt. Sind mehrere Gefäße verstopft, können kritische Bereiche des Gehirns nicht mehr durchblutet werden. Das kann zu schweren neurologischen Schäden oder gar zum Tod führen, wenn die Blockade nicht behandelt wird. Dies unterstreicht den dringenden Bedarf an fortschrittlichen Technologien zur gleichzeitigen Behandlung mehrerer Gefäße.
Magnetisch betätigte Softroboter haben ein erhebliches Potenzial, um schwer zugängliche Bereiche des Körpers zu erreichen und zu behandeln. Sie können die gezielte Verabreichung von Medikamenten erleichtern und dabei helfen, den Blutfluss umzuleiten. Der Einsatz mehrerer Roboter könnte die gleichzeitige und punktgenaue Behandlung mehrerer Stellen ermöglichen, was wertvolle Zeit spart.
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI-IS) in Stuttgart haben sich mit diesem Problem befasst. Sie haben ein Robotersystem entwickelt, das winzige, fünf Millimeter große Roboter einsetzt, die an mehreren Stellen innerhalb eines 3D-Lumennetzwerks Medikamente abgeben oder den Flüssigkeitsstrom umleiten. Das Netzwerk ist dabei echten Blutgefäßen sehr ähnlich. In einem im Fachjournal Science Advances veröffentlichten Artikel zeigt das Team der Abteilung für Physische Intelligenz, wie sie mehrere Roboter unabhängig voneinander durch die schmalen Röhren navigieren und ihre Funktionen gleichzeitig ausführen konnten.
Abb. 1: Der magnetische Roboter hat die Form eines Stents, der sich flexibel an Veränderungen im Netzwerk anpassen kann.
Die magnetischen Roboter haben die Form eines Stents, der sich flexibel an Veränderungen anpassen kann. Um durch das Netzwerk zu navigieren, benötigt der Roboter eine starke magnetische Kraft. Nur so kann er die Reibung und Strömung überwinden. Denn wenn die Kraft nicht ausreicht, kann sich der Roboter nicht vorwärts bewegen. Indem man die Magnetkraft an den in dem Moment nicht benötigten Robotern verringert und an den gewünschten Robotern erhöht, kann der eine Roboter in Bewegung gesetzt werden, während die anderen an Ort und Stelle verharren.
„Unseres Wissens ist dies die erste Studie zum Thema unabhängige Kontrolle von mehr als fünf Robotern in einem 3D-Netzwerk unter physiologisch relevanten Bedingungen“, sagt Chunxiang Wang, Doktorand in der Abteilung für Physische Intelligenz am MPI-IS und Erstautor des Publikation „Heterogeneous Multiple Soft Millirobots in Three-dimensional Lumens”. Am 6. November 2024 wurde die Forschungsarbeit in Science Advances veröffentlicht.
Der Roboter wird durch einen rotierenden Dauermagneten gesteuert, wobei zur Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit Einfluss- und Rotationsbereiche vorgeschlagen werden. Wenn der Magnet außerhalb des Einflussbereichs platziert wird, werden unerwünschte Roboter deaktiviert, während die Positionierung innerhalb des Aktivierungsbereichs den Zielroboter aktiviert, was dem Bediener eine intuitive Steuerung ermöglicht. In der Praxis gibt der Benutzer einfach die Zielpunkte ein, und ein Roboterarm verwendet einen Bahnplanungsalgorithmus, um die Roboter automatisch einzusetzen, wodurch das System benutzerfreundlich und einfach zu implementieren ist.
„Für uns war es eine ziemliche Herausforderung, mehrere magnetische Roboter gleichzeitig zu steuern – schließlich werden alle magnetischen Teile auf die gleiche Weise vom Magnetfeld beeinflusst“, sagt Tianlu Wang, ehemaliger PostDoc in der Abteilung für Physische Intelligenz und derzeit Assistenzprofessor an der University of Hawaiʻi at Mānoa. „Unsere Arbeit bietet eine Lösung für die Betätigung von mehreren Robotern, die Anwendungen für verschiedene Miniatur-Soft-Roboter-Geräte in komplexen Umgebungen verbessert.“
„Das vorgeschlagene System hat das Potenzial, Wege für ein breites Spektrum biomedizinischer Anwendungen zu eröffnen, indem es eine Gruppe von weichen Robotern einsetzt, die mit verschiedenen Funktionsmodulen ausgestattet sind, um schwer zugängliche Bereiche tief im menschlichen Körper für eine gezielte Therapie zu erreichen“, sagt Metin Sitti, ehemaliger Direktor der Abteilung und Präsident der Koç-Universität.
Publikation
Chunxiang Wang†, Tianlu Wang†,*, Mingtong Li, Rongjing Zhang, Halim Ugurlu, Metin Sitti*, Heterogeneous multiple soft millirobots in three-dimensional lumens. Sci. Adv. (2024).
†Equal contribution
*Corresponding author